Ende des Lockdowns
15.06. (Michaela)
Seit unserem letzten Eintrag ist ein weiterer Monat im Lockdown in Cartagena vergangen.
Ja, wir sitzen noch immer fest… aber immerhin greifen schon viele Lockerungen, da wir hier gemeinsam mit 70% Spaniens nun in der Phase 3 angekommen sind.
Schlimmer vom Coronavirus betroffene Regionen wie z.B. Madrid, befinden sich noch in Phase 2, und haben noch mit stärkeren Einschränkungen zu leben.
Wir aber können wirklich nicht jammern: das Leben ist wieder einigermaßen normal hier in Cartagena geworden. Na gut – nicht, wie vor dem Lockdown, aber immerhin haben nahezu alle Geschäfte und Bars wieder geöffnet (außer jene, die offensichtlich aufgrund der langen Schließung wirtschaftlich nicht überlebt haben). Nach wie vor herrscht in Geschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln, sowie überall, wenn ein Mindestabstand von 2m nicht gewährleistet werden kann, Maskenpflicht. In Supermärkten zusätzlich Handschuhpflicht. Daran haben wir uns jetzt schon gewöhnt, freuen uns aber schon darauf, wenn die Masken wieder aus dem normalen Stadtbild verschwinden… Teilweise sind wir uns in den vergangenen Wochen/Monaten wie in einem (schlechten) Endzeitthriller vorgekommen….
Derzeit gibt es nahezu täglich neue Meldungen der spanischen Regierung, wann hier wirklich die sogenannten „neue Normalität“ eintreten wird.
Nur ein Beispiel: Ende letzter Woche verkündete die Regierung, dass Spanien daran festhalten wird, EU-Bürger erst wieder ab 01.07. ins Land zu lassen. Nur Stunden später gab es eine Kehrtwende: Premierminister Sanchez erklärte in einer Pressekonferenz, dass bereits ab 22.Juni 0:00Uhr die Grenzen geöffnet werden. Der Druck der anderen EU Staaten und der eigenen Tourismusbranche war wohl zu groß geworden… Aber am 22.Juni 0:00Uhr dürfen auch die Spanier (und damit auch wir) zum ersten Mal im Landesinneren (also zwischen den einzelnen Provinzen) ohne Restriktionen reisen. Komisch, dass dann gleichzeitig die Grenzen für die Ausländer geöffnet werden…
Aber gut. Wir lesen jeden Tag die Nachrichten und versuchen uns dann, ein Bild zu machen, was wann und wo erlaubt ist. (Teilweise nicht einfach, weil es unterschiedliche Meldungen gibt…)
Am Tag nach unserem letzten Blogeintrag (also am Freitag, den 15.Mai) besuchten wir zum ersten Mal nach 3 Monaten eine Tapasbar. Nach/vor jedem Besucher wurden Tisch und Stühle (incl Stuhlbeine) desinifiziert, Mindestabstand zwischen den Tischen 2Meter, was von der Guardia Civil immer wieder kontrolliert wurde.
Entsprechend war unsere Stimmung gedämpft, und bei unserem schon zur Gewohnheit gewordenen Sundowner mit unserem Freund Frank meinte ich (wenn auch nicht ganz ernst), dass wir vielleicht in Erwägung ziehen sollten, einfach in der Marina zu bleiben. Dann könnte weniger passieren…
Nicht einmal 2 Tage später wurde ich (und meine so schön zurecht gelegte Theorie) eines Besseren belehrt:
Morgens um 08:00Uhr, als wir unsere Sportübungen am Pontoon machten, sahen wir zwei unserer Marineros auf einer unbewohnten Yacht gegenüber von uns auf dem Deck hin und her gehen und versuchen, irgendeine der Luken zu öffnen, um ins Schiffinnere zu kommen. (Die Eigner hatten wohl keinen Schlüssel in der Marina hinterlegt, als sie vor Monaten nach England geflogen sind.) Und dann ging plötzlich der Feueralarm los, ein bisschen Rauch – und die Luft stank nach verbrannten Gummi. Mittlerweile hatten die Marineros eine große Luke im Vorschiff geöffnet, konnten also ins Schiff. Einer der Marineros lief zum Pontoon, schnappte den Feuerlöscher… Der musste aber dann Gott sei Dank gar nicht zum Einsatz kommen (denn das Pulver hätte sicher viel Schaden im Inneren angerichtet), allerdings gab es schon so genug. Denn mittlerweile waren ins Schiff wohl schon 5000 Liter Salzwasser eingedrungen (durch – wie wir später hörten – ein gebrochenes Bordventil). Die Bilgepumpe arbeitete wohl auf Hochtouren, konnte aber der Wassermasse nicht Herr werden, und der Rauch sowie Gestank kam wohl von einem Kurzschluss, da das Wasser die Batterien erreicht hatte.
Aufgrund der schnellen Reaktion der Marineros, konnte aber zumindest ein Sinken des Bootes verhindert werden. Innerhalb einer Stunde hatten sie nicht nur am Liegeplatz alle möglichen Maßnahmen ergriffen, sondern auch (immerhin Sonntagmorgen!) die Werft verständigt und das Boot zum Kran gebracht, wo es sofort aus dem Wasser gehoben wurde.
Tatsächlich war Andres, einem der Chefmarineros, bei seinem morgendlichen Rundgang um kurz vor 8Uhr aufgefallen, dass der Bug der Yacht etwas tiefer im Wasser lag als üblich. Und deshalb hatte er dann überprüft, was die Ursache sein konnte.
Wäre das Ganze nur ein paar Stunden früher passiert, hätten wir morgens nur noch die letzten ca 5 Meter des Mastes aus dem Wasser ragen sehen….
Am 23.Mai treffen wir uns zum ersten Mal seit dreieinhalb Monaten in der BBQ-Zone in einem kleinen Kreis (erlaubt sind in dieser Phase des Lockdowns Treffen mit höchstens 10 Leuten) zum Grillen. Auf dem Weg in die „Normalität“ sind das die kleinen Highlights…
Am 01.Juni bekommen wir für ein paar Tage „Besuch“. Vor uns liegt die „Vibrant Curiosity“, eine 85m Megayacht von Reinhold Würth, der das Würth-Imperium (Schrauben, Werkzeuge…) gegründet hat. Ein sehr beeindruckendes Schiff – und vor allem sehr leise! Sowohl die vor Ort laufenden Generatoren als auch die Motoren beim An-/Ableben konnte man kaum hören.
Am Samstag beschließen wir, nach langer Zeit wieder einmal (und voraussichtlich zum letzten Mal) zur Cala Cortina ins „Mares Bravas“ zu spazieren und dort Mittag zu essen. Der Zugang zum Strand ist von der Guardia Civil abgesperrt, um den Mindestabstand der Sonnenbadenden zu überwachen und damit die zugelassene Personenanzahl an diesem kleinen Strand zu limitieren. Aber wir nennen dem Offizier das Zauberwort „Mares Bravas“ und dass wir nicht baden sondern nur dort essen wollen, und schon dürfen wir durch.
Am 08.Juni darf unsere Region von Phase 2 in Phase 3 wechseln! Nun nur noch 2 weitere Wochen durchhalten, dann sollte (zumindest laut aktuellem Stand) die „neue Normalität“ einsetzen…
Noch aber dürfen wir nicht von einer Region in die andere reisen, aber immerhin dürfen wir uns schon mit mehr Leuten treffen, in der Stadt öffnen immer mehr Geschäfte und Tapasbars.
Langsam scharren hier in der Marina alle mit den Hufen: jeder will so früh wie möglich los, und da es wohl Bestrebungen gibt, dass „unsere“ Region Murcia mit den Balearen bilateral eine Vereinbarung trifft, die uns das Segeln zu den Inseln erlaubt, hoffen wir, in den nächsten Tagen los zu können.
Also nehmen wir bei Carrefour einen Großeinkauf vor, denn die liefern den Einkauf noch am selben Tag direkt zum Boot. Alles Schwere kann also abends von der Liste gestrichen werden, nur noch Frisches wie Obst, Gemüse und Fleisch muss dann am Tag vor dem Ablegen gekauft werden.
Unsere „To-Do-Listen“ sind so gut wie abgearbeitet, eigentlich kann es losgehen.
Unglaublich, so knapp vor der Abfahrt und nach immerhin 2 Winter hier in Cartagena gibt es bei Lidl "Deutsche Woche" mit Rotkohl, Weißwürsten und Brenn.
Unsere To-Do-Listen. Noch nie war die Odin-X in so einem perfekten Pflege- und Wartungszustand!
Für Dienstag, 09.Juni, rufen wir zum (vermeintlich) letzten BBQ auf, denn viele Segler wollen sich in den nächsten Tagen aufmachen. Ein sehr nettes Zusammentreffen, denn aufgrund des Lockdowns hatten wir mit den meisten lange nicht mehr zusammengesessen.
Alle sprechen über das Abfahren und es scheint, dass wir die Erlaubnis haben, zu den Balearen zu sgeln. (Obwohl ich Gegenteiliges in der ElPais, der spanischen Zeitung, gelesen hatte…)

Am Mittwoch ein letzter Friseurbesuch (mit Maske!), am Mittwoch und Donnerstag weitere Tapasbar-Besuche (so schnell werden wir Cartagena nicht wiedersehen), weitere Einkäufe, am Freitag geben wir in der Marina Bescheid, dass wir am Sonntag ablegen werden. Die Marina bestätigt uns schriftlich, dass wir den ganzen Lockdown hier verbracht haben, und weiß wohl auch nicht genau, ob wir weg dürfen oder nicht.
Das Bestätigungsschreiben, das wir - falls wir kontrolliert und gefragt werden, woher wir kommen - aus der Tasche ziehen wollen. Damit können wir nachweisen, dass wir aus einer Region mit Phase 3 kommen und nicht aus dem Ausland.
Am Samstagmorgen beim Laufen sehen wir ein großes Schiff der Guardia Civil (Maritim Service) am Kreuzfahrtterminal liegen und denken uns, dass wir dort wohl die Information aus erster Hand bekommen sollten. Also nichts wie hin und den diensthabenden Offizier gefragt: und siehe da: NEIN, wir dürfen noch immer nicht von einer Region in die andere reisen, sprich: von hier auf die Balearen, auch wenn wir dort nicht an Land gehen sondern nur ankern wollen, ist bis zum Ende des „State of Alarm“ am 22.Juni 0:00Uhr nicht erlaubt.
Im ersten Moment sind wir natürlich enttäuscht, Wind und Wetter wären perfekt gewesen, alles ist vorbereitet… Aber es wäre blöd zu riskieren, eine Strafe zahlen zu müssen, nur, weil wir nicht noch eine weitere Woche abwarten können.
Also Entwarnung in der Marina geben… Die freuen sich, dass wir noch eine weitere Woche zahlen werden…
Immerhin aber hat uns das jetzt die Gelegenheit für ein weiteres BBQ gegeben.
Diesmal haben Debra und Trevor die Organisation übernommen und sowohl die Marineros als auch die Damen aus dem Büro eingeladen, denn nun sieht es ja wirklich so aus, als dürften wir alle in den nächsten Tagen aufbrechen, und so wollten wir im großen Kreis nochmals Danke für die Betreuung vor Ort sagen.
Es war ein wirklich schönes Treffen, und nun warten alle mehr oder weniger auf den „Startschuss“.
Die beiden Söhne von Filippa und Tom übernehmen den Service an der Bar
Für uns sieht es derzeit nach einer Abfahrt am Samstag aus, aber nur 25Meilen Richtung Nordost, um vor der Einfahrt zum MarMenor zu ankern. Diese Ankerbucht ist noch in unserer Region, da dürfen wir also schon vor dem 22. hin. Der Weg nach Formentera wird somit etwas kürzer, und nach aktuellem Wetterbericht sieht es so aus, als könnten wir am Sonntag die 115 Meilen lange Fahrt antreten. Denn schon zwei Tage später dreht der Wind und kommt dann tagelang aus Nordost, also auf die Nase…
Sundowner an Bord der Odin-X mit unseren australischen Freunden von der "Wild Odyssey" und der "Odysea", den beiden großen Katamaranen am Steg gegenüber

Der "Sundowner" ging von 17Uhr bis 01:30Uhr - wie man sieht in bester Stimmung
Kommentare
Kommentar veröffentlichen