Oktober in Licata
01.11. (Michaela)
Blick vom Castel Sant’Angelo auf Licata
Und schon wieder sind drei Wochen vergangen…
Mittlerweile befinden wir uns in Italien im zweiten Lockdown – auch wenn es die Regierung nicht so nennt - , aber seit letzten Montag sind sämtliche Bars, Restaurants etc. wochentags nur noch bis 18Uhr, sonntags nur noch bis 14Uhr geöffnet. Es sind nur noch höchstens 4 Personen pro Tisch erlaubt. Von 23 bis 5 Uhr gibt es eine Ausgangssperre, die Kommunen-Grenze darf nur noch aus triftigen Gründen verlassen werden. Aber immerhin dürfen wir noch Joggen und gemeinsam einkaufen und spazieren gehen.
Auch für Deutschland und Österreich wurde von den Regierungen bereits der Lockdown-Light oder Mini-Lockdown ausgerufen – sämtliche Gaststätten sowie Museen, Zoos, Sportstätten, Fitnessstudios etc. müssen schließen, Hotels dürfen nur noch für dringend notwendige Geschäftsreisen Zimmer vermieten, Privatreisen sollen nicht mehr unternommen werden…
Ebenso ist die Situation in Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Spanien, Tschechien, Bulgarien, Rumänien und so weiter und so weiter …
Keine rosigen Aussichten für die Zukunft! Uns wird Angst und Bange, denn es gibt schon überall Ausschreitungen gegen diese Maßnahmen der Regierungen, und wir befürchten, dass es allerorts zu schlimmen sozialen Unruhen kommen wird.
Aber wie gesagt: uns hier in Sizilien geht es verglichen mit anderen Ländern noch wirklich gut. Zwar steigen auch hier die Infektionszahlen, aber noch immer nicht so schlimm wie in anderen Teilen Italiens.
Und da hier wochentags ja noch die Gaststätten geöffnet haben dürfen, haben wir kurzerhand unsere Happy Hour vorverlegt und treffen uns jetzt Dienstags und Freitags schon um 3 Uhr statt um 18:20Uhr. Gaspare, der Besitzer der Blue Sky Bar, nahm unseren Vorschlag dankbar auf und verzichtet auf die nicht mehr benötigte Mittagspause (er muss ja ohnehin seine Bar abends geschlossen halten), denn damit hat er zumindest an zwei Tagen der Woche sichere Einkünfte. Und auch die neben seiner Bar gelegene Pizzeria öffnet nun für uns nachmittags.
Für uns geht es nicht nur darum, uns mit anderen Seglern zusammenzusetzen, sondern auch - so lange es noch geht – ein wenig die Wirtschaft hier zu unterstützen.
In den vergangenen drei Wochen haben wir unter anderem das Castel Sant’ Angelo besichtigt, sind nach Marina di Ragusa gefahren, um unsere Freunde von der DAMSIS zu besuchen, waren bei einer Weinverkostung…
Das Castel Sant’ Angelo, Ende des 16.Jahrhunderts als Wachturm erbaut und dann zu Beginn des 17.Jahrhunderts in eine Festung umgebaut, thront quasi über Licata und ist frei zugänglich. Netterweise hatte sich Vicenzo, ein Student aus Licata, zur Verfügung gestellt, um uns und unseren Freunden eine kleine Führung in englischer Sprache zu geben.
Die folgenden Bilder zeigen den steilen Aufstieg (wir hätten auch die Straße wählen können, nahmen aber den direkten Weg) / Vicenzo mit unserer kleine Gruppe / 2 original Fiat Cinquecento - liebevoll restauriert -, die nur aufgrund ihrer Abarth-Motorisierung den Weg vor das Castel schafften

Marina di Ragusa liegt ca 70km östlich von Licata und die Marina selbst liegt im direkten Wettbewerb mit der Marina di Cala del Sole hier in Licata. Die meisten Segler, die auf Sizilien überwintern wollen, buchen einen Platz in einer der beiden Marinas, denn beide sind bekannt dafür, sicher zu sein und eine gute Segler-Gemeinde zu haben.
Wir hatten uns unter anderem deswegen für die Marina di Cala del Sole in Licata entschieden, da wir hier direkt in der Stadt liegen und alles zu Fuß erledigen können. Die Marina di Ragusa und der auch so genannte kleine Ferienort liegt 25km von der Stadt Ragusa entfernt, und ohne einen Mietwagen vor der Tür (sprich vor dem Boot) stehen zu haben, erschien uns das dann doch nicht sooo praktisch.
Der kleine Ort Marina di Ragusa (ca. 3000 Einwohner) besteht vorwiegend aus recht gut aussehenden Ferienhäusern und die Straßen sind erheblich sauberer und in einem wesentlich besseren Zustand als hier in Licata. Die Marina selbst ist recht groß und es gibt direkt im Hafenbecken eine ordentlich aussehende Bootswerft.
Aber das war es dann auch schon mit den positiven Eindrücken.
Zum Supermarkt ist es ein ziemliches Stück zu gehen, kleine Läden wie hier in Licata scheint es gar nicht zu geben, die (wenigen) Gaststätten sind überteuert… Und da es sich um einen Ferienort handelt, wird die Versorgungslage im Winter (und dann noch dazu mit dem Lockdown) nicht besser werden.
Da ist es hier doch anders, denn Licata hat nun mal keine Touristen sondern 30.000 Einwohner, die versorgt werden müssen. Da kann nicht einfach alles geschlossen werden. Und außerdem gibt man uns hier überall das Gefühl, dazu zu gehören und Teil von Licata zu sein, während in Marina di Ragusa die Segler eher wie Touristen / Fremde behandelt werden.
So saßen wir am Nachmittag gemeinsam mit Paul und Lin in deren Mietwagen auf dem Rückweg nach Licata und waren uns alle 4 einig, mit unserem Winterliegeplatz hier die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Die Marina di Ragusa, Sandburgen am Strand sowie der "Welcome Drink" an Bord der DAMSIS:
Vor ein paar Tagen waren wir bei einer Weinverkostung von Alfredo Quignones, dessen Azienda Agricola 10 Autominuten von Licata entfernt liegt. Die Weinberge und Olivenhaine stehen entlang der Hänge des Hügels von Sant’Olivia, 150m über dem Meer. Das kleine Weingut produziert vorwiegend Weine aus 2 für die Region Agrigento typische Rebsorten: Inzolia (Weißwein) und Nero D’Avola (Rose- und Rotwein). Wir wurden vom Chef persönlich rumgeführt und anschließend bei der Degustation in die Geheimnisse der Weinproduktion eingeweiht.
Natürlich wurde uns auch auf der Odin-X selbst nicht langweilig…
Sven und Matthew ersetzten die 3 Keilriemen…
Und dann bestellten wir einen „Link-Belt“, den wir nun als Ersatz an Bord haben und der es uns ermöglicht, den Haupt-Keilriemen ohne 4 Stunden Montagearbeit zu wechseln (wir müssen nicht mehr die schwere Zusatzlichtmaschine, die vor dem Motor sitzt, gemeinsam mit ihren Trägern abbauen, sondern können den neuen Keilriemen quasi an seinem Platz einknüpfen).
Der neue Keilriemen, dessen Glieder ihn auf die richtige Länge bringen lassen:
Das Teakdeck strahlt wieder wie neu: nach dem 3 Stufen Programm „Cleaner“, „Brightener“ und „Sealer“ von Teak Wonder und insgesamt ca 5 Stunden Arbeit zu zweit….
An 2 kleinen Stellen mussten die Nähte der Sprayhood nachgenäht werden:
Wie schon letzthin erwähnt führt uns unsere morgendliche Joggingrunde zu einem derzeit nicht betriebenen Mini-Zoo. Da die armen Tiere nichts als trockenes Brot bekommen, laufen wir nun jeden Tag zuerst zum Gemüsehändler, kaufen abwechselnd verschiedene Salate und Karotten, und füttern dann die Häschen. Aber mittlerweile kommt auch in den Nachbar-Käfigen Freude auf, wenn die „Gemüse-Lieferung“ naht.
Dann gibt es hier natürlich das sonntägliche BBQ, bei dem das letzte Mal nicht nur Grillen und Essen / Trinken am Plan stand, sondern danach auch noch gemeinsam Mölkky gespielt wurde.
(Mölkky ist ein im Freien gespieltes finnisches Geschicklichkeitsspiel, bei dem mit einem Wurfholz, dem „Mölkky“, auf zwölf hochkant stehende Spielhölzer geworfen wird.)
Und ein Besuch zwischendurch mal in einem Ristorante darf auch nicht fehlen:
05.11. (Michaela)
Da hatte ich letzten Sonntag so brav den Eintrag für den Blog geschrieben, aber dann hatten wir keine Zeit, die Fotos hochzuladen und das Ganze ins Internet zu stellen.
Als Entschuldigung: am Sonntag um 13Uhr „mussten“ wir ja zum BBQ und die „Office-Stunden“ am Montag und Dienstag waren dann einem anderen Thema gewidmet. Rentenantrag für Sven! Nach diversen Telefonaten mit der Deutschen Rentenversicherung stand fest, dass wir nicht extra für die Abgabe desselben nach Deutschland fliegen müssen. DAS hatten wir nämlich für Februar geplant, aber jetzt, wo die Corona-Zahlen überall in die Höhe gehen und die ersten Lockdowns in Europa ausgesprochen worden sind, ist uns das zu heiß geworden. Klar dürfen wir jederzeit zurück nach Deutschland, aber ob wir dann wieder zurück hierher auf die Odin-X kommen dürfen??? Also hat Sven ein bissl Zeit damit zugebracht, die diversen notwendigen Formulare auszufüllen… Aber im Endeffekt war es gar nicht so schlimm. Eher wie die jährliche Steuererklärung, vor der man sich auch gerne drücken würde, aber wenn man mal damit anfängt, hat man’s in ein paar Stunden erledigt. Und so haben wir gestern (Mittwoch) Vormittag einen Laden gesucht, der die 34 Seiten kopiert, uns DIN A4 Briefumschläge verkauft (nicht lachen: hier in Licata ist das eine Herausforderung!) und haben den wichtigen Brief dann gestern losgeschickt.
Und da wir dann durch die Nachrichten erfuhren, dass nun auch in Sizilien ein „Lockdown-Light“ eingeführt wird, machten wir uns noch schnell auf in „unsere“ Happy Hour Bar zu Gaspare. Italien wurde jetzt in 3 Zonen eingeteilt: grün / orange / rot und die Restriktionen werden entsprechend eingeführt. Da Sizilien sich in der Mitte von grün und orange befindet, beschloss die Regierung in Rom, doch lieber die strengeren Maßnahmen auszusprechen und Sizilien als „orange“ zu deklarieren. Das bedeutet: alle Bars, Restaurants etc. müssen schließen und dürfen nur noch Lieferservice anbieten, von 22-5Uhr ist Ausgangssperre, die Gemeinde darf nicht mehr verlassen werden…(ausgenommen sind Arztbesuche, Arbeitswege oder sonstige wichtige Gründe). Also wie gesagt: Schnell noch gemeinsam mit Freunden zu Gaspare. (Und da er uns vorhin mitgeteilt hatte, dass er heute noch bis 18Uhr geöffnet haben darf, dann aber (Stand heute) bis 03.12. schließen muss, werden wir ihm wohl heute Nachmittag nochmals einen Besuch abstatten.)
Also sitzen wir nun heute, am 05.11., hier im Cockpit und wollen mal versuchen, den Blog fertig zu stellen. (Übrigens hat es hier noch immer 24 Grad, wir sitzen hier im Schatten unter dem Bimini mit kurzer Hose und T-Shirt!)
Da müssen wir erwähnen, dass wir in den knapp 2 Monaten, die wir nun hier in Licata sind, insgesamt 2x Regen hatten.
Das ließ uns dann immerhin zum ersten Mal unsere extra dafür gefertigten Seitenteile des Biminis einziehen. Und wir stellten fest, dass es sich dann auch bei Regen gut im Cockpit leben lässt!
Und hier noch ein paar Fotos von den engen Gassen / Straßen in Licata, den alten Herrschaften, die den ganzen Tag vor den Häusern sitzen, dem "Obst- und Gemüsehändler", der seine Waren aus dem Kofferraum heraus anbietet, "unserem" Fischhändler, den hier an der äußeren Hafenmole lebenden Katzen und dem superschönen neuen Waschsalon in der Marina.
Bis demnächst – bleibt gesund und munter!
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