Die Segelsaison 2022 hat begonnen!
23.05. (Michaela)
Die letzten Tage in Licata verbringen wir damit, die ODIN-X und uns selbst startklar zu machen. Das bedeutet: nochmals einzukaufen, eine letzte Lieferung von Daniela (unserer Enoteca) entgegenzunehmen, Wäsche zu waschen, uns von unseren liebgewonnenen Licatesischen Freunden zu verabschieden, schon mal die Festmacher auszutauschen (die Winter-Festmacherleinen werden gewaschen, die dazugehörenden Ruckdämpfer weitestgehend gereinigt, poliert, mit WD40 eingesprüht), nochmals einen Rundgang durch die Marina zu machen und unseren Bootsfreunden ein letztes Mal „Ciao“ zu sagen…
Am 12.05. morgens werden nochmals die Wassertanks befüllt, dann koppeln wir uns vom Landstrom ab, verabschieden uns im Marina-Büro, verstauen unsere große 3,5m lange Carbon-Gangway, die zusammengeklappt die Sommersaison in der SB-Achterkabine verbringen darf, und legen Richtung Westen ab!
Karin & Paul, Maxim & Anna und Xenia & Jörg stehen am Pontoon und winken uns hinterher. Karin hat extra ihre kleine Soundbox dabei und spielt für uns zum Abschied ein Lied von „Santiano“.
Auch wenn wir uns schon sehr darauf gefreut hatten, loszufahren, so ist immer ein bissl Wehmut dabei. Denn wer weiß, ob (bzw. wann) wir den ein oder anderen wiedersehen werden.
...und entlang der Marina-Gebäude...
Der leichte Wind und die ruhige, türkise See bescheren uns einen wunderschönen ersten Segeltag!
Und wodurch auch immer wir es uns verdient haben, es bleibt auch all die nächsten Tage so.
Tatsächlich haben wir bis heute, also seit 12 Tagen, herrlichstes Wetter, Sonnenschein, moderaten Wind, wenig Welle, glasklares Wasser… Herz, was willst du mehr!
Am 15. Mai nach 3 schönen Segeltagen und Ankernächten (Porto Empedocle, Selinunte, Mazara del Vallo) erreichen wir nachmittags unser erstes „Ziel“, die Bucht Punta Longa im Süden der Insel Favignana (Ägadische Inseln).
Hier wollen wir in paar Tage bleiben, bis gute Bedingungen zur Überfahrt nach Sardinien herrschen.
Zum ersten Mal für diese Segelsaison lassen wir unseren X5 (falls Ihr es vergessen habt: das ist unser Dinghy) zu Wasser, montieren den Außenborder… und sind gespannt, wie er nach der Winterpause anspringen wird. Aber auch da läuft alles bestens: beim 3.Mal ziehen startet er und läuft wie am Schnürchen. Sehr brav!
Wir fahren in den superkleinen Fischerhafen im Süden, verbringen ein paar Stunden im Hauptort der Insel (supereinfallsreich „Favignana“ genannt), kaufen frischen Thunfisch (den Pescatore kannten wir schon vom letzten Jahr), genießen einen Drink im Schatten am Hauptplatz und später Spaghetti in einem urigen kleinen Lokal… Wie auch im letzten Jahr gefällt uns Favignana sehr gut.
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Unser Ankerplatz im Süden Favignanas |
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Liegeplatz unseres X5 im kleinen Hafen von Punta Longa |
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Der Hafen von Favignana |
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und ein Besuch in einer kleinen Trattoria |
18.Mai: Schneller als geplant zeigen sich in der Wettervorhersage gute Bedingungen, um nach Sardinien zu segeln. Wie es sich dann herausstellt, nicht nur „gute“ sondern „perfekte“! Von den 180 Meilen Favignana-Arbatax segeln wir die ersten 160 Meilen! So etwas hatten wir noch nie! Mit Groß und Genua bei Windstärken zwischen 3 und 4BFT, ohne Welle, quasi mit Vollmond (der war gerade 2 Tage vorher) bei wolkenlosem, sternenklarem Himmel.
Morgens nimmt der Wind ab und „bläst“ nur noch mit 2Bft von NNW, also wechseln wir ca. 25 Meilen südöstlich von Arbatax den Kurs, um mit dem wenigen Wind noch möglichst nah Richtung Küstenlinie zu kommen und dann die restlichen Meilen nach Arbatax unter Motor zurückzulegen.
5 Meilen (oder eine Stunde) später werden wir plötzlich über Kanal 16 am VHF angerufen. Ein netter Offizier erklärt uns, dass wir uns einer „dangerous military zone“ nähern und deshalb unseren Kurs ändern müssen. Entlang dieses Küstenabschnitts liegt ein militärisches Übungsgebiet und gerade eben werden entsprechende Übungen durchgeführt. Na gut… Wir bedanken uns für den Hinweis, rollen die Genua ein, holen das Groß runter und Motoren die restlichen 20 Meilen nach Arbatax. Gerne wären wir noch ein wenig gesegelt, aber was soll’s. Der Wind war ohnehin fast nicht mehr vorhanden….
Als wir am 19.Mai gegen Mittag in der Bucht von Arbatax den Anker fallen lassen, sind wir beide der Meinung, dass dies die schönste Über- bzw. Nachtfahrt war, die wir je hatten. Noch dazu hatten wir mehrmals Delphine neben uns!
Sardinien hat uns wieder!!! Unser Ankerplatz in Arbatax!
Arbatax überrascht uns diesmal mit türkisblauem glasklarem Wasser! (Bislang war hier in der Bucht das Wasser immer grün und man konnte nie bis zum Grund sehen.)
Mittlerweile waren wir bereits mehrmals in Arbatax unterwegs, haben unseren Freund Massimo und seine Familie auf seiner Werft besucht…
Massimo geht derzeit unter in Arbeit. Seine Werft „Cantiere Valdes“ steht voll mit Booten und 3 Mitarbeiter sind krank….
Wir vereinbaren mit ihm, dass er uns - sobald er halbwegs Platz und Zeit für die ODIN-X hat (voraussichtlich in ca 2 Wochen) - mit ein paar Tagen Vorlaufzeit eine Info zukommen lässt, sodass wir dann Zeit genug haben, von wo auch immer wieder zurück nach Arbatax zu kommen.
Unsere „Große“ kommt dann mal für zwei Tage aus dem Wasser: der Propeller wird getauscht und das Unterwasser-Antifouling wird reaktiviert. Ausserdem lassen wir eine neue Ankerkette einziehen, da unsere nun nach 6 Jahren trotz regelmäßiger Süßwasserdusche und Winterpflege doch einigermaßen rostig ist.
Wir haben ja als Antifouling seinerzeit „Copper Coat“ gewählt. Das ist eine spezielle Epoxybeschichtung, die in mehreren Lagen aufgetragen wird, und im Gegensatz zu den normalen sonst üblichen Antifoulings sich nicht abreibt und nicht jährlich erneuert werden muss. Außerdem kann das Copper Coat durch Anschleifen neu aktiviert werden. Und nach mittlerweile 6 Jahren ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, genau dies machen zu lassen.
Zum Propellerwechsel mehr Info, sobald wir ihn gewechselt haben und mit ein paar Bildern den Grund hierfür erläutern können.
Zwischendurch gibt es mal einen Besuch in der Marina-Bar und in einem Strandlokal direkt vor unserem Ankerplatz, betrieben von der Kooperation der lokalen Fischer, in dem ausschließlich fangfrischen Fisch und Meeresfrüchte gibt.
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Auf ein Bier vom Fass in der Marina-Bar Arbatax |
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Fritto misto |
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Blick vom Strandristorante auf die ODIN-X |
Heute Nachmittag, 23.05., wurden alle 3 Ankerlieger hier in der Bucht von Arbatax von der Guardia di Finanza überprüft. Zuerst ein Italiener, dann wir, dann zuletzt ein Franzose. Anscheinend gab es bei keinem Boot eine Beanstandung und freundlich uns einen schönen Abend wünschend zogen die 5 Offiziere mit ihrem grauen Schiff weiter in die nächste Bucht.
Und zu guter Letzt gibt’s jetzt noch die Geschichte von/mit Gaetano aus Licata:
Um ganz vorne zu beginnen: unser mittlerweile 22Jahre altes Schiff hat ein ebenso altes Teakdeck.
Vielleicht erinnert Ihr Euch noch daran, dass wir in unserem ersten Winter als Liveaboards das Teak ganz sanft angeschliffen und seitdem jährlich 1-2mal liebevoll mit Teakwonder (3 Wege Reinigung / Pflege) behandelt haben. Wie waren wir immer stolz darauf, wie schön es aussieht! Aber schön langsam wurde uns schon im letzten Sommer / Herbst bewusst, dass wir anfangen müssen, uns an den Gedanken zu gewöhnen, eines Tages das große Projekt „Teak neu legen“ anzugehen.
Vor allem aus Kostengründen wollen wir peu à peu vorgehen: die Flächen, die es am aller-allernötigsten haben (weil das Teak schon sehr sehr dünn ist), sind die beiden Sitzbänke der Steuerstände, die Deckel des Gasfaches, des Ankerkastens, der Segellast und dann der Heckbereich.
Nach diversen Recherchen liefen wir eines Dezembertages Gaetano über den Weg. Er war gerade daran, das komplette Teakdeck einer großen Motoryacht an unserem Steg zu ersetzen. Nach vielen Tagen Beobachten und vor allem Sehen, wie schön das neue Teakdeck dann letztendlich verlegt wurde, baten wir ihn an Bord, zeigten ihm die zu ersetzenden Flächen und um ein entsprechendes Kosten- und Terminangebot.
Nachdem wir uns einig wurden, dass die Arbeiten ab Anfang Februar stattfinden sollten, leisteten wir Ende Dezember eine Anzahlung von 2.000 Euro, um das Teak einzukaufen.
Schöne Sache so weit… Wäre dann nicht schon mal der Verzug der letztendlichen Fertigstellung der Motoryacht gewesen. Aber okay, dann kommt halt die ODIN-X erst im März an die Reihe…
Und so kam der März, mit vielen Gesprächen (freundlich und drohend, bittend und verärgert). Letztendlich wieder mal ein weiteres Versprechen seitens Gaetano, definitiv am 22.März mit den Arbeiten auf unserem Schiff zu beginnen.
Am 22.März morgens sah ich ihn dann auf der Yacht des Marina-Chefs arbeiten. Molto interessante, dachte ich mir. Auf meine Frage, was das denn sollte, und wann er denn jetzt zu uns käme, meinte er wieder einmal „prossima settimana“, also das übliche „nächste Woche“. Das war für uns das Zeichen, es nicht noch länger mit Freundlichkeit zu versuchen: ein Gespräch mit ihm und dem Marina-Chef brachte uns letztendlich nur so weit, dass Gaetano einräumte, dass die Arbeiten an unserem Schiff frühestens Mitte Mai begonnen werden könnten und er uns deshalb lieber die Anzahlung in den darauffolgenden Tagen zurückerstatten werde.
Klingt ja nicht sooo schlecht, dachten wir. Zwar haben wir kein neues Teak aber immerhin unser Geld zurück.
Tja, dachten wir! Ich will hier gar nicht ausführen, welcher Klimmzüge es bedurfte, um bis dato zumindest die Hälfte des Betrages zurückzubekommen. Vor allem aber gebührt der Dank an dieser Stelle einer supertollen Anwältin aus Licata, die wir zum Glück schon früher von Gaspare und Lillo kannten! Stefania hat es mit Anwaltsbriefen aber vor allem mit diversen persönlichen Treffen mit dem Marina-Chef und Gaetano geschafft, dass uns vier Tage vor unserer Abfahrt aus Licata Gaetano ein Kuvert mit 1.000Euro übergab. Stefania wird auch weiter am Ball bleiben und ist zuversichtlich, dass wir bis Ende Juni auch noch den restlichen Betrag erhalten werden.
Wir hoffen das Beste!
Leicht wäre es jetzt zu sagen, okay, wir haben daraus gelernt und werden keine Anzahlungen mehr leisten. Aber das ist nicht so einfach. Denn viele der Handwerker in den Marinas sind Alleinunternehmer und haben nicht die finanziellen Ressourcen, um einfach so in Vorleistung gehen zu können. Aber zumindest werden wir einmal mehr vorsichtiger sein…
Wir haben im Nachhinein rausgefunden, dass wir nicht die einzigen waren, die Gaetano um ihre Anzahlung betrogen hat. (Bzw sagen wir mal so: wir waren die ersten, die unseren Fall in der Seglergemeinschaft kundtaten und dadurch haben wir dann andere „Opfer“ wachgerüttelt.) Und trotzdem oder als Rechtfertigung für uns: der italienische Besitzer der großen Motoryacht und der Marina-Chef schienen uns eine gute und ausreichende Referenz für Gaetano zu sein….
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