von Menorca nach Sardinien
15.08.2022 (Sven)
Am 1.08. haben wir mit Sekt nach dem Frühstück und später einem Besuch im Steakhouse unseren 4. Jahrestag an Bord gefeiert.
Bevor es nach Sardinien geht, bleiben uns noch ein paar Tage. Die nutzen wir noch, um den Ort Fornells noch weiter zu erkunden, Überbleibsel einer alten Festung anzusehen und anschliessend bei einem kühlen Bier vom Fass die Touristen an uns vorbeiziehen zu lassen bzw. im Freibad vor unserer Nase schwimmen zu sehen.
Am Eingang des Naturhafens wurde der Ort Fornells durch die Erbauung der Festung Castell de Sant Antoni im 17. Jahrhundert gegründet. Etwas später, genauer gesagt im 18. Jahrhundert wurde in Fornells die Dorfkirche Esglesia de Sant Antoni erbaut und markiert heute den friedlichen Ortskern.
Am nächsten Tag kommt morgens nach dem Frühstück zielstrebig ein Schlauchboot auf uns zugefahren, der Bootsführer winkt schon von weitem. Wir denken erst - ein Marinero, der uns sagt, dass wir unseren Platz verlassen müssen? (Das war einigen Seglern am Vortag passiert - weil sie Platz für einen Megakatamaran im Ankerfeld geschaffen haben. Hat wohl jemand gut Trinkgeld gezahlt…).
Aber dann erkennen wir unseren Freund Rafa. Er ankert nach 3 wöchigem Sardinien-Urlaub mit seiner Frau und 4 Kindern 300m neben uns und besucht uns auf einen Kaffee. Sehr nettes Wiedersehen und ein netter, informativer Austausch. Wir bleiben in Kontakt !
(Rafa ist „unser“ Rigger und hat u.a. vor über 2 Jahren in der Bucht von Alcudia mit Unterstützung seiner Frau Pilar unser zweites Rollvorstag an Bord unserer ODIN-X installiert.)
Ein weniger schönes Ereignis war an einem der nächsten Tage, ebenfalls nach dem Frühstück. Eine 30m lange Motoryacht hatte vor/neben uns geankert und trieb innerhalb von 10 Minuten ca. 150m nach hinten durchs Ankerfeld. Der Wind war nicht mal besonders stark (ca. 20 Knoten = 5 Beaufort). Bis mal von den 5 Angestellten an Bord jemand nach draußen kam und sich des Themas annahm, stand schon ein englischer Segler sehr nervös auf dem Bug seiner Yacht und rief hinüber.
Endlich bemühte sich mal der Skipper an den Steuerstand , ließ die Motoren an und hielt das Schiff mehr oder weniger dann auf der Stelle. 4 Mann sahen wohl ratlos an der Ankerkette herab. Der Anker wurde nicht aufgeholt - der Skipper fuhr mit Anker unten vorwärts durchs Ankerfeld und trieb wieder zurück, immer dichter zu uns heran. Wir wurden dann auch laut und endlich ging er Anker auf und fuhr in den nordöstlichen Teil der Bucht um neu zu ankern. Wir haben keine Ahnung, warum das nicht gleich so gemacht wurde. Bis heute dachten wir, dass wir bei solchen Schiffen keine Angst haben müssen, weil hier Profis arbeiten und die Besitzer auf ihr Schiff aufpassen. Eine Illusion weniger.
Hier die "Herma" nach 5 Minuten "dragging" (noch neben uns)
und hier drei Minuten später - auf die englische Yacht rechts im Bild zutreibend
Am Sonntag, den 7.8. brechen wir auf nach Sardinien. Die Vorhersage sagt „halber Wind (von der Seite) mit 7 bis 18 Knoten“. Ideal! Also um 07:15 Anker auf und das Großsegel bis zum ersten Reff gesetzt. Dann die Genua ausgerollt und super gesegelt - mit 7 bis 8,5 Knoten. Nachts um 02:00 kam dann ein einziges Berufsschiff (Autotransportfrachter) rechtwinklig auf uns zu - laut AIS-System hätten wir uns genau getroffen. Michaela funkt ihn an, dass wir unter Segel laufen und nicht nach Backbord ausweichen können. Er sagt, er lässt uns vor dem Bug passieren. Wir danken, wünschen noch eine schöne Wache und 2 Minuten später sehen wir ihn auf dem Plotter ein paar Grad abfallen, um hinter uns durchzugehen. Nette Erfahrung!
Von 4 bis 6 Uhr muss ich wegen schwächerem Wind 2 Stunden den Motor einschalten - das brauchten wir aber ohnehin um die Batterien nachzuladen. Ansonsten hätte ich den Generator starten müssen. Mit der Morgendämmerung setzt wieder mehr Wind ein und wir segeln die restliche Strecke, bis wir um 13:00 Uhr in Alghero auf Sardinien vor dem Hafen den Anker in der Bucht fallen lassen. 194 Meilen direkt Richtung Ziel gesegelt, davon nur 17 Meilen unter Motor.
Frühmorgens Abschied von Fornells


Wir waren vor Jahren schon mal hier in der Nähe vor Anker, aber eben nicht direkt in Alghero. Hier erwartet uns eine wunderschöne Altstadt, die wir problemlos mehrmals besuchen können, denn u.a. gibt es im großen Hafenbecken mit diversen Marinas eine schöne Anlegestelle für unseren X5.
(oberer roter Pfeil: unser Ankerplatz / unterer roter Pfeil: Anlegestelle für den X5, direkt an der Altstadt)
Alghero, die fünftgrößte Stadt Sardiniens, ist eine ehemalige katalanische Enklave. Wir lesen nach, dass es bis 1848 den Sarden verboten war, in der Stadt zu leben - sie durften nur zur Arbeit in die Stadt, mussten diese abends aber wieder verlassen.
Die wunderschöne Altstadt mit ihren kleinen Gassen und der sie zur See hin umgebenden Mauer ist beeindruckend. In den vielen Gewölben finden sich abwechselnd Geschäfte und Bars / Restaurants.
In der Markthalle erbeuten wir fangfrischen Fisch und frisches Obst und Gemüse.
Förmlich „erschlagen“ allerdings werden wir von dem Überangebot an Korallenschmuck, der in gefühlt jedem zweiten Geschäft in der Altstadt angeboten wird. Sehr eigenartig, da Korallen doch eigentlich unter Naturschutz stehen bzw. die Ernte streng kontrolliert und nur unter gewissen Auflagen möglich ist.
Am Donnerstag 11.8. kommen Suella, Stephen und Ian mit Ihrem Katamaran Damsis in unsere Bucht. Wir kennen uns nun mittlerweile seit 2018 aus Cartagena und sie haben auch diesen Winter in Licata/Sizilien verbracht (waren allerdings 4 Monate in England). Dank diverser Reparaturen (Autopilot, Solarpanel, Starterbatterien) hatten sie einige Verzögerungen, bis sie uns hier treffen konnten. Sie segeln danach weiter über die Balearen zum spanischen Festland und lassen ihr Boot dann in Almerimar zum Verkauf. Ihr Sohn ist mittlerweile 14 Jahre und braucht mal etwas soziales Leben mit Gleichaltrigen…
Wir haben einen schönen Abend bei uns an Bord mit Wiener Schnitzeln und Kartoffelsalat.
Guido und Sarah hatten wir in Licata kennengelernt. Sie arbeiten beide in der Automobilentwicklung (er bei Audi, sie bei BMW im Vertrieb). Die letzten 2 Jahre hatten sie ein Sabatical eingelegt und wollten um die Welt segeln. Aufgrund Covid wurde das auf eine Atlantiküberquerung mit der „ARC“ gekürzt und in Gibraltar haben sich die beiden nach längerem, unschönen Törn dazu entschieden auf Sardinien ein Haus zu kaufen, das Schiff vor Ort in die Marina zu legen und das Leben während ihrer Urlaube dort zu genießen - und nach dem Arbeitsleben um so länger.
Sie haben uns gestern vor dort aus in Alghero besucht. Wir waren im Ort Mittag essen und anschließend bei uns auf dem Schiff bis zur Dämmerung. Es war interessant einmal in Ruhe die Gründe für ihre totale Planänderung zu erfahren. Wir sagen: nachvollziehbar und Hut ab vor dem Mut, auch etwas ganz anders zu entscheiden als man es vorher vielen erzählt hatte.
Es war sehr schön, die beiden wiederzutreffen, und wir hoffen, dies in den nächsten Monaten wiederholen zu können, wenn sie ihren Urlaub in ihrem sardischen Haus und wir den Winter in Carloforte verbringen.
Was uns angeht, gibt es auch einen neuen Plan für die nächste Sommer- und übernächste Wintersaison: Da Massimo in Arbatax uns trotz mehrmaligem Nachfragen für die Lackierung des Rumpfes keinen Preis und für die Erneuerung des Teakdecks nur eine zu hohe Summe ohne weitere Detaillierung genannt hat und außerdem schon mit seiner Werft ständig an der Lastgrenze arbeitet - haben wir alternativ bei Can in der Türkei angefragt. Mit Can waren wir mal 2 Wochen auf dem Boot von Freunden meiner Eltern segeln. Ihm gehört eine große Werft in Didim / Türkei (yachtworks) Das Angebot war detailliert, kam nach 4 Tagen, und der Preis für das Teakdeck war etwas mehr als halb soviel wie bei Massimo. Unaufgefordert lag eine Seite mit Referenzen dem Angebot bei mit Kontaktdaten zum Nachfragen. Sie haben bereits 2 identische Yachten wie unsere mit Teak bearbeitet und lackiert. Also kennen sie das Schiff und wir haben Fotos von den Decks bekommen.
Damit geht es dann endlich nächstes Jahr nach Osten - Sizilien, Kalabrien, Apulien, Griechenland - Türkei. Dort werden wir dann voraussichtlich für 5 Monate (während der Arbeiten an der ODIN-X) ein Apartment bewohnen.
So schnell können sich wieder einmal Pläne ändern: noch vor wenigen Wochen waren wir überzeugt, die Türkei wäre nicht unbedingt ein Reiseziel für uns - und schon werden wir gerade dort eine längere Zeit verbringen. Aber vielleicht braucht man hin und wieder einen „Tritt“, um sich auf etwas Neues einzulassen und den Horizont zu erweitern.
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