Quer durch die Ägäis

 25.08.23 (Michaela)


Wir haben die Ägäis überquert!

(blaue Linie - unser Weg von Korfos bis Lipsi)


Als wir den letzten Blogeintrag schrieben, waren wir noch in Korfos, ganz im Westen der Ägäis.

Korfos, ein Küstendorf (Stadt oder Städtchen wäre zu viel gesagt) im Osten des Saronischen Golfs mit nicht mal 300 Einwohnern, bietet nicht wirklich Sehenswertes, aber - und das ist das Wichtigste für uns - einen absolut super geschützten Ankerplatz. Wir treffen auch hier wieder sehr nette und hilfsbereite Griechen - u.a. hilft uns die Tochter eines Tevernenbesitzers, meine griechische Sim-Karte im Internet aufzuladen. Klingt zwar ganz einfach, aber leider weit gefehlt: denn es gibt nur die griechische Website und absolut keine Übersetzung oder Auswahl für eine andere Sprache (ich wäre ja schon mit Spanisch besser bedient gewesen als mit Griechisch…). Mühevoll kann man zwar ein griechisches Wort nach dem anderen kopieren und mit google Translation übersetzen, aber nicht nur dass das Äonen dauert, nein, auch den Zusammenhang versteht man noch immer nicht. Da hilft es auch nicht, dass ich mich seit ein paar Wochen mit einem duolingo-Sprachkurs „quäle“ - die griechische Schrift ist einfach eine echte Hürde… Also war Katerina, die normalerweise mit ihrer Familie in Athen lebt, im Sommer aber bei ihren Eltern in Korfos aushilft, der rettende Engel. Und meine sim-Karte ist nun wieder für weitere 4 Wochen einsatzbereit - danach muss ich mir wieder ein nächstes hilfsbereites „Opfer“ suchen…


Hier der "Supermarkt" von Korfos


Nach ein paar Tagen „Kurzurlaub“ entscheiden wir uns, den Saronischen Golf zu überqueren und lassen für einen Übernachtungsstopp den Anker in der einsamen Bucht Mazioti im Süden der Insel Ägina fallen.




Am nächsten Tag, dem 04.August, wollen wir bei gutem Wind weitersegeln, aber als wir das Großsegel setzen, sehe ich an unserer Endlosleine eine Stelle, die mir nicht gefällt. Also Segelmanöver stoppen - somit ist unser Großsegel jetzt im 2.Reff - und wir fahren unter Motor weiter, um die Leine zuerst mal in aller Ruhe genauer inspizieren zu können. Leider stellt sich heraus, dass die Leine an dieser Stelle fast am durchbrechen ist, also wird das Nähzeug ausgepackt, die Stelle so gut wie es geht geflickt, damit wir das Segel wieder bergen können. An unserem nächsten Ankerplatz werden wir uns dann weitere Maßnahmen überlegen müssen….


Der Übeltäter

  



und die "Flicklösung"

 


Achtung- nun kommt mal eine kleine Erklärung für alle Nicht-Segler bzw auch für alle Segler, die nicht mit dem Handling eines „furlingbooms“ vertraut sind:

Auf unserer Odin-X haben wir für unser Großsegel einen sogenannten Furlingboom (Rollbaum) installiert, der das Handling des (bei uns doch schon beachtlich großen und somit auch schweren) Großsegels für uns einfacher und auch sicherer macht. In diesem Furlingboom wird das Segel eingerollt bzw aus diesem ausgerollt, wenn das Segel gesetzt wird. Und um die Rolle betätigen zu können, gibt es eine sogenannte Endlosleine. Und ebendiese drohte bei uns komplett durchzureißen.



Nach 20Meilen ankern wir in der recht großen Bucht von Varkiza, in der wir in den nächsten Tagen gut geschützt vor den vorhergesagten Winden aus Nord und Nordost liegen werden. (Und nicht nur wir, sondern mit uns gemeinsam suchen hier auch einige Megayachten Schutz. Kino der besonderen Art - so viele Megayachten, hatten wir selten neben uns.)


Wir kommen uns vor wie auf einer der großen Bootsmessen für die Reichen und Schönen...

Hier Fotos von einigen unserer Nachbarn der kommenden Tage:



   

  


Auf einer der Yachten gibt es sogar eines Abends ein Feuerwerk am Vordeck:




Am Nachmittag versuchen wir, die Endlosleine an der gebrochenen Stelle neu zu spleißen (also die beiden losen Enden ineinander zu fügen), aber offensichtlich ist die Leine durch den jahrelangen Gebrauch bereits so verfestigt, dass das nicht mehr möglich ist. Alle Zusatzleinen, die wir auf unserem Boot haben (und glaubt mir, das sind sehr sehr viele) werden hinsichtlich Einsatzfähigkeit überprüft, aber keine eignet sich, da sie alle zu dick sind. (Ja, Ihr „Nicht-Segler“: auch darauf muss geachtet werden - richtiger Durchmesser und nicht nur richtiges Material!’) 


Laut Internet gibt es hier in Varkiza keinen Bootshändler, aber ca 15Kilometer nördlich liegt Glyfada, ein Vorort von Athen, in dem angeblich mehrere Geschäfte mit Bootsbedarf zu finden sind. Wir werden also am Montag (heute ist Freitag) mit dem Taxi aufbrechen….


Nach dem Frühstück am heutigen Samstag wollen wir aber erst mal hier vor Ort in Varkiza die Lage erkunden … wer weiß, vielleicht gibt es ja doch irgendwo eine Möglichkeit, auch hier eine Leine zu bekommen…

Wir finden einen Tauchshop und werden dann weiter zu einem Angelgeschäft geschickt, die zwar auch keine Leinen haben, aber der Besitzer weiß, wo wir eine bekommen, bestellt uns sogar das Taxi (in der Hitze die 4km hin und dann wieder zurück zu laufen ist uns dann doch zuviel) und macht dem Fahrer klar, wohin wir wollen, dass er dann vor dem Geschäft auf uns warten und uns dann zurück zu unserem Dingi bringen soll. Und tatsächlich: knapp 40Minuten später haben wir für insgesamt 35 Euro (20 für die Leine und 15 für das Taxi) eine neue Leine! Nun muss sie nur noch an Ort und Stelle verlegt und dann am Vordeck sitzend von uns eingespleißt werden… aber das heben wir uns für den kommenden Montag auf, denn da soll es weniger windig sein.


Spleißarbeiten am Vordeck



Und dann steht noch das nächste Projekt an… eine Route auszuarbeiten und ein Wetterfenster zu finden, das es uns erlaubt, möglichst zwischen 2 Meltemis Ägäis von West nach Ost zu überqueren.

(Der Meltemi ist im Sommer der vorherrschende Wind in der Ägäis. Er weht von April bis Oktober als trockener NW-, N- und NO-Wind vom griechischen Festland in Richtung Kreta, kann mehrere Tage dauern, aber auch schon mal mehrere Wochen, kann kurze aber auch längere Unterbrechungen haben, kann stark oder sehr stark wehen…. Alles in allem also langfristig nicht berechenbar…)

Wir sitzen stundenlang über Karten, befragen das Internet, lesen Erfahrungsberichte anderer Segler… und legen uns dann einen Plan zurecht, den Sven liebevoll zu Papier bringt. Ausgewählte Ankerplätze sowie Entfernungen werden eingetragen, um einen möglichst guten Überblick zu haben. 

So fühlen wir uns gut gewappnet und warten nun nur noch auf das entsprechende Wetter.


Am 14.08. ist dann endlich so weit: wir gehen Anker auf.

Feuertaufe für unsere neue Endlosleine!! Alles bestens!

Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, entweder schon an der Südseite Attikas, spätestens aber in Kea, der ersten Kykladen-Insel unserer Ägäis-Überquerung, Halt zu machen, aber das Segeln ist so schön und der Wind ist so gut, und so geht es gleich direkt die ersten 38Meilen nach Kithnos, wo wir in Apokriosi eine ruhige Nacht verbringen.


Von Kithnos geht es am nächsten Tag nach Syros


und gleich einen Tag später weiter in die Ormos Miso auf Rineia, einer kleinen Insel westlich von Mykonos.

 




Diese Bucht hatten wir uns ausgesucht, da jetzt für einen Tag wieder stärkerer Wind aus nördlichen Richtungen kommen soll, und wir hier gut geschützt liegen können. Windig wird es zwar trotzdem werden, aber Welle kann sich keine aufbauen, außerdem sieht auch der Ankergrund sehr gut aus.


Auf der Fahrt hierher höre ich plötzlich unsere Frischwasserpumpe anspringen. Komisch…. Also schnell nach unten, da höre ich es schon irgendwo bei der Achterkabine an Steuerbord rauschen. Bevor wir aber der Sache während des Segelns auf dem Grund gehen, stelle ich einfach die Pumpe aus. Eine Analyse während des Segelns wäre ohnehin schwierig zu bewältigen, außerdem sind Sven und ich uns gleich einig, dass es wohl wieder mal den Heißwasserschlauch beim Boiler betrifft. Wir hatten zwar den Boiler nicht eingeschaltet (schon länger nicht, da wir bei diesen Temperaturen ohnehin das ein wenig kühlere Wasser zum Duschen bevorzugen), aber durch die 4Meilen Motorfahrt morgens hat sich das Wasser entsprechend erhitzt (der Kühlwasserkreislauf des Motors heizt ebenso den Boiler wie alternativ Land- oder Generatorstrom) und - wie wir dann am Ankerplatz feststellen - dazu geführt, dass der alte Schlauch wieder porös wurde. (Das letzte Mal hatten wir nur das betroffene Stück abgeschnitten und den alten Schlauch aus Ermangelung eines Ersatzschlauchs wieder aufgesetzt.) Wie gut, dass wir in Korfu einen neuen Heißwasserschlauch gekauft hatten! So konnten wir in einer Aktion, die mit Aus- und wieder Einräumen der Achterkabine nur 40Minuten dauerte, den Schlauch ersetzen.


 

Hier lernen wir Costas kennen. Er kommt mit seinem Dingi zu uns gefahren, zeigt sich sehr interessiert an unserer Odin-X, fährt 2x rund ums Boot, guckt… und dann endlich spricht er uns an. Er kommt aus Athen und ist hier (eine Bucht weiter) mit seiner x-yacht namens „Erinni“ vor Anker: und zwar ebenfalls einer x562! Welch schöner Zufall! - und wie sich später rausstellt auch durchaus sehr hilfreich, denn wir tauschen uns mit ihm über unsere weiteren Pläne aus (nämlich über Mykonos nach Ikaria und dann weiter nach Fournoi zu segeln), und er rät uns sofort ab, Ikaria auch nur in Erwägung zu ziehen!

Wir wussten und hatten uns auch darauf eingestellt, dass die steilaufragenden Berge Ikarias (bis über 1.000m hoch) böse Fallwinde entstehen lassen, aber wir hatten mit bis zu einer Windstärke zusätzlich gerechnet (also ca 6Knoten - 10km/h). Aber Costas, der sich als selbst als sportlichen Segler bezeichnet (und auch so aussieht), war mit seiner „Erinni“ dort und konnte nichts Gutes berichten. Er hatte die Strecke Mykonos-Ikaria bei 3-4Bft Wind (also schönen Segelwind) überquert und wurde dann im Süden Ikarias von Fallwinden mit bis zu 8Bft überrascht. Also doppelte Windstärke! Nein Danke, so etwas wollen wir nicht… noch dazu, wo die Vorhersage schon für die Strecke Mykonos-Ikaria zwischen 5 und 6 Bft lautet. Was wird dann erst bei Ikaria auf uns warten!!

Und auch vor Mykonos warnt Costas uns: die Buchten im Südwesten der Insel sind total überfüllt und die Buchten im Südosten der Insel warten nicht nur mit den üblichen Fallböen auf, sie sind auch sehr stark dem Meltemi ausgesetzt (der drängt sich hier zwischen Mykonos und Ikaria durch, um dann in die südliche Ägäis „auszustrahlen“.)


Bei einem Sundowner lassen wir Costas Worte auf uns einwirken - und entschließen uns, am nächsten Tag frühmorgens die Kykladen zu verlassen und die relativ weite Strecke direkt nach Patmos anzugehen.


Am 18.August setzen wir schon im Sonnenaufgang um 07:00Uhr die Segel … und 11,5Stunden und etwas über 70Meilen später, nach einem wunderschönen, aber durchaus auch anspruchsvollen Segeltag liegt unser Anker bereits an der Ostseite von Patmos im Sand.

Mit Patmos sind wir nun (politisch gesehen) in der Inselgruppe des Dodekanes angekommen (geographisch zählt sie zu den Südlichen Sporaden), also in der Ost-Ägäis - und wir atmen tief durch und sind erleichtert. Nun kommen ein paar Wochen hier in dieser schönen Inselwelt auf uns zu, bis wir dann am 01.10. (+/- 2Tage) in die Türkei nach Didim „einsegeln“ werden.


Hier nun die tatsächlich gesegelte Strecke quer durch die Ägäis in unserem Plan eingetragen:



Anmerkung von Sven:

Nachdem wir nun ca. 2 Wochen nur an Bord gegessen haben (was kein Qualitätsmangel bedeutet - im Gegenteil!), gönnen wir uns auf Patmos mal wieder auswärts essen. Dazu muß ich anmerken: der in Deutschland übliche Ouzo zur Begrüssung oder mit der Rechnung ist hier bisher nicht ein einziges Mal auf Kosten des Hauses gekommen. Muß gekauft werden wenn einem danach ist. Und Giros gibt es auch in maximal jedem zehnten Lokal. Aber ansonsten Tzaziki, griechischer Salat und Souflaki, Bifteki, Fisch, Kalamari etc. Nach 3 derartigen Essen muß man einfach mal wieder „zuhause“ essen oder - wir haben einen Griechen gefunden, der eine sehr gute Pizza hatte, die es mit jeder italienischen aufnehmen kann. Zumal es in Italien Pizza erst ab 20:00 Uhr gibt…

In der Nähe unseres Liegeplatzes gibt es 2 Tavernen: eine direkt in der Patmos-Werft, die andere auf der gegenüberliegenden Seite der Insel mit Blick nach Westen 





 





Patmos gilt als „Heilige Insel“ der Ägäis, denn eines der wichtigsten Klöster der griechisch-orthodoxen Kirche wurde hier auf einem Hügel an der Stelle errichtet, an der der Apostel Johannes die sogenannte Apokalypse, den letzten Teil des Neuen Testaments der Bibel, verfasst hatte.

Rundum dieses Kloster wurde die Stadt Chora erbaut, wir können von unserem Ankerplatz beides sehen und entscheiden uns, die insgesamt 10km Wanderung (5km bergauf…) auf uns zu nehmen.






Wir werden auch belohnt mit einer wunderschönen Altstadt, mit klein(st)en Gässchen, durch die wir ganz alleine schlendern können.








Lediglich auf der Nordseite des Städtchens, vor dem Eingang zum Kloster, tummeln sich die Touristen: und das nicht zu knapp, liegen doch 2 Kreuzfahrtschiffe und mehrere Megayachten in und vor Skala, dem Hauptort der Insel. Aber dem Trubel können wir nach einem kühlen Bier in einem der beiden geöffneten Cafés (ja, nur 2!) ganz schnell durch ein paar Schritte Richtung unserer Ankerbucht entgehen.


Unsere Ankerbucht ist superschön, recht einsam, geschützt… hat aber einen Nachteil: es gibt selbst in dem kleinen angrenzenden Miniort Grikos nicht mal einen Minimarkt! 

Also müssen wir doch nach 4 Tagen mal um die Kurve, Richtung Skala. Aber auch hier in der Einfahrt zur Bucht von Skala finden wir eine schöne kleine Bucht,  wo wir unsere Odin-X sicher zurücklassen können, wenn wir mit dem Dingi die knapp 1Meilen entfernte Stadt aufsuchen (was mit dem Dingi gerade mal 5Minuten Fahrt bedeutet).

Skala (der Namen bedeutet übrigens „Treppe“ - gemeint ist damit die Treppe, die es wohl mal früher hinauf zum Kloster gab) ist sehr betriebsam, und nach kurzer Zeit im regen Treiben rund um den Hauptplatz klingeln uns die Ohren, denn soviel „Lärm“ sind wir gar nicht mehr gewöhnt. Aber wir genießen es, wieder mal (und zwar nach Varkiza - südlich von Athen) unsere Vorräte aufstocken zu können, und freuen uns schon auf die nächste Insel.


Blick auf Skala


 



Nun liegen wir in Lipsi vor Anker und sehen schon vom Boot aus die weißen Häuser und Kirchen des kleinen Ortes, die einladend zu uns herüberleuchten. 

Wahrscheinlich wird es dann morgen wieder Tsatsikii, griechischen Salat und Retsina geben...




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