Lipsi & Leros
11.09.23 (Michaela)
David und Goliath
(das kleine Fischerboot aus Lakki und die "LADY" unserer schwedischen Freunde Kristina & Niklas - ein ehemaliges schwedisches Fischerboot, das die beiden in 14jähriger Arbeit renoviert und zu ihrem Wohnschiff auf- / umgebaut haben)
Seit einiger Zeit liegen wir nun vor Lakki auf der Insel Leros vor Anker - das heißt, dass wir seit unserem letzten Blog nicht eine wirklich weite Entfernung zurückgelegt haben…
Aber bevor wir uns über Leros äußern, kurz zurück nach Lipsi. Mit ihrer Fläche von 17 km², nur ca. 700 Einwohnern und einem Dekret, das große Hotelbauten verbietet, findet man hier eine wahre Idylle.
Der kleine Hauptort (wie die Insel selbst auch Lipsi genannt) mit seinen blau-weißen Häusern und der über den Hafen blickenden größten Kirche des Dorfes „Agios Ioannis Theologos“ gefällt uns sehr gut, es ist fast ein bisschen zu einsam.
Wir lesen nach, dass aufgrund wiederkehrender Piratenüberfälle in der byzantinischen Zeit die Bevölkerungszahl nach unten ging und die Insel ein ideales Piratenversteck wurde. Später, nachdem im 11. und 12,Jahrhundert das Johanneskloster auf Patmos gegründet worden war, wurde Lipsi als Acker- und Weideland für das Kloster und Rückzugsort für Eremiten. (Letzeres ist leicht nachvollziehbar für uns…)

Nach ein paar Tagen entscheiden wir uns, zur gleich südlich von Lipsi gelegenen Insel Leros zu segeln. Dort wollen wir in der im Westen der Insel gelegenen Bucht von Lakki ankern, die sehr guten Schutz bietet und an deren Ende die „Leros Marina“ liegt. Diese Marina wollen wir uns ansehen und prüfen, ob dies irgendwann einmal in den kommenden Jahren ein schöner, geschützter und preislich interessanter Winterliegeplatz für uns und unsere ODIN-X wäre.
Unser Anker fällt dann 17Meter tief auf Seegras, ca. 1 Seemeile Entfernung zum Anlegen an einem der kleinen Dingi-Docks der Stadt. All diese Gründe sprechen für diesen Ankerplatz, denn die meisten Bootsfahrer möchten so nah wie möglich an der Stadt mit so wenig Tiefe wie möglich und schon gar nicht auf Seegras (weil die meisten Boote mit schlechten nicht gut haltenden Ankern ausgerüstet sind) ankern. Die Rechnung geht auf: wir sind nun schon seit über einer Woche hier, und außer unseren schwedischen Freunden Kristina und Niklas, die wir mit ihrer „Lady“ hierher gelockt haben, liegen wir ganz alleine! (Und die „Wahnsinns-Entfernung“ zum kleinen Anlegedock der Stadt erreichen wir mit unserem X5 in 2Minuten.)
Der erste Eindruck von Leros ist nach dem ersten Landgang recht ernüchternd:
Die Marina gefällt uns nicht besonders gut (das Gefühl verstärkt sich, als wir von der nicht soooo überfreundlichen Mitarbeiterin endlich das Angebot bekommen…), und wir haken diesen Ort als Winterplatz für uns schon mal ab.
Die Stadt Lakki ist ebenso - sagen wir mal - gewöhnungsbedürftig. Wir finden zwar in den nachfolgenden Tagen heraus, dass man sich hier ganz gut versorgen kann, aber hübsch oder anziehend ist sie wirklich nicht.
Und dann kommt auch noch die Historie der Insel Leros, die im 20.Jahrhundert bis zur heutigen Zeit aus unterschiedlichen Gründen nicht gerade für die beste Reputation sorgt…
1912 wurden die Dodekanes-Inseln infolge des italienisch-türkischen Krieges durch italienische Truppen besetzt, allerdings erst mit dem Vertrag von Lausanne im Juli 1923 italienischer Besitz.
Die Insel Leros sollte einer der Militärstützpunkte Italiens sein und so wurden militärische Einrichtungen und Festungsmauern errichtet und Waffenlager angelegt.
Die Stadt Lakki sollte im großen Stil zum Flottenstützpunkt ausgebaut werden: alte Gebäude wurden abgerissen und sollten neuen Gebäuden weichen, die in einer für Europa einzigartigen und für die damalige Zeit fortschrittlichen Architektur gebaut werden sollten. Leider gibt es heute in der Stadt viele Bauruinen aus dieser Zeit… die Gebäude selbst wurden nicht fertiggestellt.
1948 wurde die Insel dann endgültig in den griechischen Staat integriert.
Das nächste Kapitel der Geschichte Leros kann dem nachfolgenden Auszug aus Wikipedia(https://de.wikipedia.org/wiki/Leros) entnommen werden:
Leros hat als Verbannungsort traurige Tradition. Zuletzt war es während der Diktatur 1967–1974 mit Gyaros eine der beiden Inseln, auf denen Internierungslager eingerichtet wurden. Der griechische Komponist Mikis Theodorakis zählte zu den Gefangenen. Ab 1947 wurden hier die Kinder kommunistischer Partisanen in sogenannten „Kinderdörfern“ umerzogen. Sehr viel früher war die Insel Leprastation.
Seit 1957 wurde bei Lakki die größte psychiatrische Klinik Griechenlands eingerichtet. Zeitweise waren hier bis zu 2700 psychisch Kranke aus ganz Griechenland untergebracht. Die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen sie (teilweise nackt angekettet) verwahrt wurden, gerieten in den 1980er Jahren in den Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit.Da die psychiatrische Anstalt als Arbeitgeber und für Zulieferungen den größten Wirtschaftsfaktor der Insel darstellte, stießen Bestrebungen, sie aufzulösen, auf starken Widerstand der Bevölkerung. Auf Druck und mit Hilfe der Europäischen Gemeinschaft wurde eine qualifizierte psychiatrische Behandlung eingeführt und ein Großteil der Patienten enthospitalisiert.
Und im Jahr 2021 wurde hier auf Leros, nahe der Stadt Lakki, (genauer gesagt „thronend“ über der Südbucht) eines der neuen riesigen sogenannten „geschlossenen“ Flüchtlingslager, die ausgelegt sind für bis zu 2.500 Migranten, eröffnet.
Das ehemalige Hauptgebäude der psychiatrischen Klinik
Der "'Gianni Rossetti Kran", ein Überbleibsel der der italienischen Militärzeit, mithilfe dessen die damals hier stationierten Wasserflugzeuge angehoben wurden:
Da wir hier sehr gut geschützt vor Meltemi und (wie vorhin schon beschrieben) vor zu dicht bzw. zu nahe liegenden Booten, die auf uns treiben könnten, liegen, segeln wir nicht - wie geplant - weiter nach Kalymnos, der nächsten südlich von Leros gelegenen Insel. Denn dort würden uns aufgrund des doch mitunter recht ordentlich wehenden Meltemis, der auch für die nächste Woche vorhergesagt ist, aufgrund der hohen Berge heftige Fallböen in den kleineren / engeren Ankerplätze erwarten.
Da liegen wir dann lieber hier und vertreiben uns die Zeit mitunter mit kleinen Wanderungen in die anderen Buchten von Leros.

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